Männerchor

Von der Gründung des MGV

Am 2. Februar 1864 wurde der bis dahin in Warmbüttel, Allenbüttel und ab 1862 in Gifhorn amtierende Lehrer Heinrich August Konrad Hinze in die durch den Tod von Ludwig Bühring in Oktober des Vorjahres frei gewordene Kantor- und Schulstelle in Groß Schwülper eingewiesen. Diese Beförderung brachte ihm, der sich bisher mit seinem bescheidenen Verdienst recht kümmerlich durchs Leben schlagen mußte, eine ganz erhebliche Mehreinnahme. Mit einem Jahreseinkommen von nun rund 273 Reichsthalern stand er gegenüber seinen Kollegen in Klein Schwülper (127 rth) oder Neubokel (150 rth) wie ein Krösus da. Geschenkt wurde ihm allerdings nichts, denn zu seinem Amt gehörten nunmehr die Küstergeschäfte in den Kirchen zu Groß Schwülper und Walle wie das Orgelspiel bei Gottesdiensten, Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen. Im Übrigen sollte er seinen 94 Schülern als einziger Lehrer in der Schule nach Möglichkeit etwas mehr als Lesen und Schreiben beibringen.

Hinze stammte aus Walle. Nach seiner Schulentlassung war er, wie damals üblich, gewiß bei einem, erfahrenen Schulmeister in die Lehre gegangen und hatte bei dem nicht nur die notwendigen handwerklichen Fähigkeiten für seinem Beruf erworben, sondern wohl auch einen guten Musik- und Instrumentalunterricht erhalten. Später hatte der, wie sein jüngerer Bruder, den einjährigen Kurs des Lehrerseminars in Hannover besucht. Diese musikalische Ausbildung befähigte ihn später, die Kantorenstelle in Groß Schwülper anzunehmen, für die ihn der Baron von Marenholtz als Patron der Kirche vorgeschlagen hatte.

In Groß Schwülper traf der inzwischen 41jährige seine Kameraden aus Kinder- und Jugendtagen wieder. Seine Musikbegeisterung fand daher schnell eine weiten Widerhall, so daß er noch im selben Jahr mit 23 Männern einen Chor gründen konnte, den Männerchor (MGV) Gr.Schwülper. In dem 1865 abgefaßten Vereinsstatut, das leider in den verflossenen Jahrzehnten den Weg allen Vergänglichen gegangen ist, wurde Hinze als "Direktor" bezeichnet, der Vorsitzende des Männergesangvereins als "Präsident".
Dieses Vereinsstatut mag ähnlich gelautet haben wie die mir vorliegenden Satzungen des am 4. 12. 1912 gegründeten MGV "Eintracht" Lagesbüttel , möglicherweise sogar als Vorlage gedient haben. (Der MGV Lagesbüttel bestand bis zum Ende der Dienstzeit des Lehrers und Dirigenten Wilhelm Eickemeyer 1927).  Darin heiß es:   "der MGV... hat die regelmäßige Einübung des mehrstimmigen Männergesanges, daneben die Kräftigung der Sittlichkeit sowie die Förderung des gemütlichen Zusammenseins zum Zweck...Zur Aufnahme kann sich jeder unbescholtene Mann melden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und Lust und Liebe zum Gesang bekundet." Über den bei einem Vorstandsmitglied mündlich oder schriftlich eingebrachten Antrag wurde in der nächsten Versammlung abgestimmt. Danach hatte der Interessent "vor versammeltem Verein eine Gesangsprobe abzulegen, von deren Ergebnis es abhängig ist, ob derselbe als Sänger oder Sängerfreund (passives Mitglied) dem Verein angehört."

Nun hatte der Sänger das "Eintrittsgeld" 1902 in Groß Schwüler 1 Mark, sowie den monatlichen erhobenen Beitrag zu entrichten. Kam er zu spät zum Singen oder blieb er gar den ganzen Abend ohne Entschuldigung fern, so war ein "Strafgeld" fällig.  Bei längeren Fehlen wurde er aus dem Verein ausgeschlossen.

Bereits ein Jahr nach der Gründung nahm der MGV Gr.Schwülper am 2. Gesangsfeste der vereinigten Gesangvereine von Vorsfelde, Weyhausen, Lehre, Jembke, Fallersleben, Hankensbüttel, Isenbüttel, Gr.Schwülper, Ribbesbüttel, Wittingen, Essenrode und Gifhorn am 20. August 1865 in Gifhorn teil. Neben einigen Gemeinschaftschören, z.T. mit Orchesterbegleitung, hatte jeder Chor ein Lied vorzutragen. Der hiesige MGV sang "Sabbat-Feier" (ohne Angabe des Komponisten). Ganz erstaunlich, was man sich in Gr.Schwülper nach so kurzem Üben bereits zutraute!

Die "Festordnung" in Gifhorn war präzise ausgearbeitet:

1.  Vormittags bis 9 Uhr Begrüßung der einzelnen Vereine im Vereinslokal zum "Weißen Rosse".
2.  11 Uhr Probe
3.  Nachmittags 3 Uhr Versammlung sämtlicher Vereine auf dem Schillerplatz, Zug der Vereine durch die Neue und folgende Straßen zurück zum "Weißen Rosse" und von da durch die Hauptstraße zurück nach der Masch in folgender Ordnung: a) Musik, b) die Festkommission, c) die Vereine mit ihren Fahnen in oben genannter Reihenfolge.
4.  Beginn des Konzerts nachmittags 4 Uhr.
5.  Nach Schluß des Konzerts, Ball in den beiden großen Sälen vor der Masch.- Im Schützenhaus ist durch Aufstellung von Festtafeln den verschiedenen Vereinen und Gästen Gelegenheit gegeben, nach Schluß des Konzerts "à la carte" zu speisen.
6.  Sängerzeichen, bestehend aus einem seidenen Bande mit der Devise "Sängerfest zu Gifhorn, 20. August 1865" werden von dem dirigierenden Vereine allen Vereinen gratis übersandt. Das Band ist am linken Rockaufschlag zwischen dem obersten und 2. Knopfloch zu befestigen. Der 1. Tenor erhält weiße, der 2. Tenor gelbe, der 1. Baß rote, der 2. Baß blaue Bänder...."

                               Konzert-Programm

Abteilung  I

  1. Sängergruß (Julius Otto) Chorgesang mit Begleitung des Orchesters
  2. Festouvertüre (Leutner)
  3. Das einsame Röslein im Tal (E. Hermes) MGV Vorsfelde
  4. Röslein im Walde (C.L. Fischer) MGV Wipshausen
  5. Mein Pokal (H. Weidt) MGV Lehre
  6. Wanderlust (H. Stubbe) MGV Jembke
  7. Vineta (Fr. Abt) Chorgesang
  8. Der musikalische Vielwisser (Potpourri von Hamm)
  9. Die deutsche Eisenbahn (Richard Gen'ee) MGV Fallersleben
10. Sonnenlicht ist schlafen gegangen (Fr. Abt) MGV Hankensbüttel

Abteilung  II

  1. Die Rheinsage (Julius Otto) Chorgesang mit Orchesterbegleitung
  2. Ouvertüre zur Oper Stiffelio von Verdi
  3. Das Lied vom Scheiden (Otto) MGV Isenbüttel
  4. Sabbat-Feier, MGV Gr.Schwülper
  5. Schlachtlied (Fr. Abt) Chorgesang mit Orchesterbegleitung
  6. Frühlingsmorgen (Fr. Abt) MGV Ribbesbüttel
  7. Die weisen Ratsherrn (A. Schäfer) MGV Wittingen
  8. Drittes Marschpotpourri (Beck)
  9. Marsch (E. Becker) MGV Essenrode
10. Die Welt ist schön (C.L. Fischer) MGV Gifhorn
11. Des Jägers Abschied (Mendessohn-Bartholdy) Chorgesang

Das Programm für den Festablauf mit dem Text aller gesungenen Lieder gab es an der Kasse zu kaufen.
1864 Gruendungssatzung S1
1894 - Gründungssatzung