Frauenchor

Der Frauenchor Gr.Schwülper 1932 - 1972

Am 2.März 1932 trafen sich sangesfreudige junge Frauen und Mädchen aus der "Frauenschaft", der NS-Organisation für Frauen, zu einem gemütlichen Abend. Es wurde dabei gehandarbeitet und manches Lied gesungen. Dabei kam man auf die Idee, man könne sich doch regelmäßig zum Singen treffen. Frau Pape, die Ehefrau des damaligen 2.Lehrers in  Gr.Schwülper, erklärte sich bereit, mit diesen jungen Leuten Lieder einzuüben. Das machte Spaß, fand im Dorf allgemein Anklang, und so wurde die Runde nach und nach immer größer.

Nach etlicher Zeit war Edmund Aumann, Chorleiter des NGV Gr.Schwülper, bereit, das Einüben der Lieder zu übernehmen. Noch war dies kein Chor, sondern  eine frohe Frauenrunde, die gern sang. Man besaß auch noch keinen Übungsraum. Mal wurde in der Schule, mal in der Kegelstube der Gastwirtschaft Eggeling gesungen. War es dort zu kalt, so behielt man den Mantel an. Allein der Strickstrumpf fehlte nie, denn wenn eine Stimme allein übte. war es den anderen zu langweilig. Bald traute man sich auch die ersten öffentlichen Auftritte zu, sang aus Anlaß einer Hochzeit oder zum 1.Mai, gelegentlich auch einmal mit den Männern des MGV. Doch war mit denen die Freundschaft nicht ungetrübt, denn die litten nur ungern die Konkurrenz eines 2.Chores in Gr.Schwülper, und das noch von Frauen. So blieb es bis zum 2.Weltkrieg. Wer als Frau in diesem Chor mitsingen wollte, konnte dies nur, wenn er zuvor Mitglied der „Frauenschaft“ geworden war. Während des Krieges hatten die Frauen andere Sorgen als zu singen. Die meisten Männer waren wie der Dirigent Soldat geworden. Nun mußten sie deren Arbeit mit übernehmen und allein Haushalt wie Betrieb vorstehen.

Erst als Edmund Aumann im Herbst 1946 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt war, begann man mit 35 Mitgliedern wieder regelmäßig zu singen. Der Mittwoch wurde als Singabend festgesetzt. Dabei wurde, wie in Vorkriegszeit, gehandarbeitet. Bereits am 1.5.1947 nahmen die Sängerinnen am „Maisingen“ mit dem MGV teil und sangen auch Weihnachten in der Kirche.
Noch immer waren sich jedoch Frauenchor und MGV nicht ganz einig, obwohl sei denselben Dirigenten hatten. So beschloß beispielsweise der MGV in seiner Generalversammlung am 31.1.1948 zum „Wintervergnügen“ nur die Feuerwehr, nicht jedoch den „Gemischten Chor“, so das Protokoll, einzuladen, „da solche Einladungen zu weit führen würden“. Allerdings wurde am 17.4. ein gemeinsames „Kaffeekränzchen“ veranstaltet. Durch Abstimmung mit 15 gegen 14 Stimmen war man jedoch nicht für die Beteiligung des Frauenchores am letzten Kaffeekränzchen am 11. Dezember .So streng waren damals die Bräuche!

Nach manchem Hin und Her erfolgte 1949, wiederum am 2.März, mit 16 Mitgliedern die Gründung der „freisingenden Frauengruppe". 1. Vorsitzende wurde Elisabeth v.Waldow. Bald waren es 35 Sangesschwestern. Sie nannten sich nun auch wieder „Frauenchor“ und nahmen am 1.Mai mit dem MGV am Maisingen dem Himmelfahrtssingen in Warmbüttel oder an den Gruppenfesten der Sängergruppe Rolfsbüttel, am Sängerfest des MGV oder benachbarter Chöre teil. Die Übungsabende fanden bis auf die Ferienmonate zur Erntezeit jeweils Mittwoch von 2o.3o - 22.3o Uhr im Vereinslokal Eggeling statt. Dabei wurde, wie schon vor dem Kriege, zwischendurch gehandarbeitet. Bei der Generalversammlung am 10.12.1952 wählte man Gertrud Essmann zur 1.Vorsitzenden. Sie behielt dieses Amt bis zur Bildung der „Chorgemeinschaft“ mit dem MGV 1972.

Zwar nahm der Frauenchor 1951 in Warmbüttel als „Singgemeinschaft“ mit dem MGV am Himmelfahrtssingen teil. Doch erst 1955 wurde dies wiederholt. Denn einig war man sich noch lange nicht. So rügte Chorleiter Aumann am 5.1.1957 bei der Generalversammlung „den Zwiespalt...'der bei allen Anlässen stets zutage tritt“ und bat, Abhilfe zu schaffen, damit „ein gutes Verhältnis zwischen beiden Vereinen weiterbestehen möge.“

Bei der Durchsicht des Protokollbuches fällt auf, daß sich die Frauen nicht nur ein ansehnliches Repertoire an Liedern erarbeiteten und dies der Öffentlichkeit bei allen möglichen Gelegenheiten präsentierten, sondern auch gern und ausgiebig feierten. So veranstalteten sie beispielsweise aus Anlaß des 2o jährigen Bestehens des Frauenchores am 29.11.1952 ein „Kränzchen".
Nach etlichen eigenen Liedern „verschönte der Männerchor den Abend mit einigen Liedvorträgen. Nach der Kaffeetafel wurde noch ein Theaterstück aufgeführt. Besonderen Beifall fanden die Darbietungen von Ewald Wegener und Heinz Rädecke. Dann blieb man noch in fröhlicher Stimmung beim Tanz bis in den frühen Morgen zusammen.“ Fast jedes Jahr stiegen die Frauen auch in den Bus und unternahmen Tagesfahrten, z.B. in den Harz, ins Weserbergland, nach Bad Gandersheim, zum Edersee usw.
Der 26.3.1969 war der letzte Singabend des Frauenchores mit seinem Chorleiter Edmund Aumann. Im Protokollbuch heißt es dazu: “Zum Vortrag sind wir nie mehr gekommen, denn am Ostersamstag, dem 4. April, verunglückte er tödlich. Das war das dunkelste Tal in unserem Chorwesen, 37 Jahre treuester Pflichterfüllung ausgelöscht. Er lebte für seine Musik und seinen Frauenchor. Wir werden diesen begnadeten und hilfsbereiten Menschen nie vergessen. Der Dank, den der Frauenchor ihm schuldig bleibt für viele schöne Stunden, die wir mit ihm verbringen durften, wird nie beglichen werden.

In diesen, für machen möglicherweise etwas unbeholfen klingenden Worten klingt das auf, was jeder empfand, der diesen hochbegabten und doch bescheiden gebliebenen „Künstler im Bauernkleid“, wie es ein Zeitungsreporter ausdrückte, begegnete. Als die „Singgemeinschaft Gr.Schwülper“ anläßlich des „Wintervergnügens“ am 2.2.1952 erstmals das von Aumann komponierte Lied „Rosenzeit“ sang, war das für beide Zeitungen unserer Gegend Anlaß, über ihn ausführlich zu berichten. So heißt es, daß zahlreiche von ihm gefertigte „Gemälde, die auf Ausstellungen in Hannover, Braunschweig und Celle Beachtung fanden ,durch Vermittlung einer Braunschweiger Künstlervereinigung noch in diesem Jahr die Reise nach England zu einer Ausstellung antreten“ würden.

„Viele Bilder blieben durch die Kriegsereignisse in Frankreich, Italien und Rußland, befinden sich in Privatbesitz in England und Amerika. Eines seiner Gemälde gelangte durch amerikanische Besatzungssoldaten in das Army-Museum in Los Angeles....Ganze Mappen mit Skizzen und Aquarellen von den verschiedenen Kriegsschauplätzen des 2.Weltkrieges zeugen davon, daß er auch als Soldat seiner Malerei jede freie Minute widmete.“

Im amerikanischen Kriegsgefangenenlager Camienne bei Marseille formte er mit 120 Sängern einen Lagerchor, der u.a Pfingsten 1945 „In stiller Nacht zur ersten Wacht" von Brahms sang. ...Und wer Edmund Aumann nach des Tages Arbeit vor der Staffelei oder seinem Sängerchor stehen sieht, bewundert mit Recht das vielseitige Talent, das sich hier (in Gr.Schwülper) in der Stille bildete“.

Nun mußte endlich das Kriegsbeil zwischen den beiden Chören in Gr.Schwülper begraben werden, denn Norbert Krause, Konrektor der Mittelpunktschule und bisher Chorleiter des MGV Walle, den man als neuen Chorleiter gewinnen wollte, erklärte sich nur dann dazu bereit, wenn es zu einem Zusammenschluß beider Chöre, damit zu einem Gemischten Chor kam. Zwar wollte der Frauenchor noch 1972 sein 40 jähriges Jubiläum als selbständiger Chor feiern und stimmte vorläufig nur einer „Verlobung" einer Singgemeinschaft zu. Doch dann wurde „geheiratet". Seitdem gibt es die „Chorgemeinschaft 1864 Gr.Schwülper e.V.“